Remote Together - Reality Vaccine ist ein Format, das nach neuen digitalen und hybriden Formen des gemeinsamen Theatererlebnisses sucht und gleichzeitig verschiedene Künstler*innen mithilfe neuer digitaler Werkzeuge in Europa zusammenbringt. Für die erste Ausgabe entwickelt Transit Productions mit dem Theatermacher Pankaj Tiwari (Amsterdam), dem Kollektiv Club Real (Berlin) sowie den bildenden Künstlern Thomas Hörl & Peter Kozek (Wien) eine Serie von Simultanperformances, die sowohl lokal als auch digital erlebbar sein werden.
An verschiedenen europäischen Standorten begeben sich die Performer*innen auf die Suche nach den Kreaturen der Stadt. Mit ihnen gemeinsam folgt das Publikum der Fährte des Menschen als Tier unter Tieren, nimmt Rudelbildungen und Schwarmintelligenzen in den Blick, die unser Zusammenleben subtil organisieren. Diese künstlerischen Expeditionen finden an allen Standorten zeitgleich statt und senden jeweils ein Signal in die Zentrale. Dort produziert die Live-Regie aus den verschiedenen Feeds einen Stream, der wiederum von den kleinen Publikumsschwärmen vor Ort – unterwegs oder in der Basisstation – per Smartphone gesehen und gehört werden kann. So vereinigen sich die lokalen Publikumsgruppen für die Dauer der Veranstaltungen zu einem länderübergreifenden Supra-Schwarm und die Interventionen und Performances werden zueinander in Bezug gesetzt.
Beim Event am Sonntag handelt es sich um einen Tryout und die Tickets dazu sind kostenfrei. Beim Ticketkauf wird ein Link zum Stream verschickt, der jeweils ab 19:15 für die gesamte Dauer der Performances läuft. Um während des Walks den Liveschnitt zu verfolgen, werden ein aufgeladenes Smartphone, eine stabile Internetverbindung und Kopfhörer benötigt. Live-Besuchende werden gebeten, zu Beginn der Vorstellung ein Covid-Zertifikat vorzuweisen. Die Walks finden jeweils im Aussenbereich statt. Für Personen mit eingeschränkter Mobilität besteht die Möglichkeit, den Livestream in einer zentralen Spielstätte oder von zuhause mitzuverfolgen.
EXPEDITIONEN
Amsterdam
Unphibische Lokalisierung
Ein Ökologe, ein Geologe und ein Künstler stürzen sich mit einer globalen Lokalisierung, die sich seit 370±8 Millionen Jahren anpasst und entwickelt, in ihre jeweiligen Dilemmas. Aus amniotischen Eiern gewannen sie die neuronalen Fische, um ihre Realitäten auf einem nicht-remoten Planeten zu verzerren. Nach und nach erforschen sie die Erde und ihre «Zivilisationen» und versuchen, mit der Unphibischen Lokalisierung einzugreifen, indem sie die Kommunikation unverkörperter Abstraktionen in einer lokalisierten Raumzeitlichkeit erfassen, die ihre Zivilisation «Landschaftspark» nennt. Perspektiven sind (un)persönlich, ebenso wie Meinungen und modellierte Abstraktionen der Aggregate von Organismen, die sie nicht verstehen. So schaffen sie eine simulierte Rekonstruktion an einem urbanen Ort, der «ideal» bewohnbar ist für die Wesenheiten ihres Untersuchungsgegenstands. Wird die Voreingenommenheit aufgrund ihrer beruflichen Identität ihre Forschung beeinflussen oder ein spekulatives (Gegen-)Mittel der Nützlichkeit in die wenig subtile experimentelle Untersuchung einwirken?
Kuratierung und künstlerische Strategie: Pankaj Tiwari
Konzept, Kreation und Performance: Matías Muñoz Sandoval und Arijit Laik
Produktion: Elisa Schillaci
Treffpunkt:
Het Amsterdamse Bos
Bosbaanweg, 1182DA Amsterdam
Startzeit: 19:30 Uhr
Berlin
Durch die Nacht mit Wildschwein und Ligusterschwärmerin
Zwei Vertretungen von nichtmenschlichen, urbanen Mitbürger*innen treffen sich, um gemeinsam Spaziergänge durch das nächtliche Berlin zu unternehmen. Jeder Spaziergang beginnt an einem für das Zusammenleben der Spezies bedeutsamen Ort und endet in der ersten Berliner Organismendemokratie. Unterwegs zeigen die Nachtflaneur*innen ihre Lieblingsorte und sprechen über aktuelle Themen des Ökosystems Stadt, wie z.B. Störungsökologie, Regimewechsel oder Synanthropie, also die Nähe zum Menschen. Wildschwein, bekannt als Vorfahrin der populären Hausschweine, ist schon seit langem Berlinerin und sucht hier nicht nur Nahrungsressourcen sondern vor allem Schutz vor der Bejagung außerhalb der Stadtgrenzen. Ligusterschwärmerin ist Europäerin von Herzen und vom Mittelmeerraum bis nach Skandinavien und von Portugal bis in den Ural verbreitet. Trotzdem ist sie, wie so viele nachtaktive Mitbürger*innen, unter Menschen weitgehend unbekannt. Im Gegensatz zu Wildschwein ist sie bereits Bürgerin der Organismendemokratie Berlin und bringt ihre Erfahrungen mit dieser Demokratieform aller Lebewesen ins nächtliche Gespräch ein. Moderiert und gefilmt werden die Spaziergänge von dem Hörspielautor und Dramatiker David Lindemann.
Club Real (Marianne Ramsay-Sonneck, Mathias Lenz, David Lindemann und Georg Reinhardt)
Treffpunkt:
Osloer Straße, zwischen Nr. 107 und Nr. 108 (beim Schild «Organismendemokratie»)
13359 Berlin
Start für das Live-Publikum um 19:15 Uhr
Wien
DER KUNST
Im Prater, dem historischen kaiserlichen Jagdgebiet, befindet sich der letzte original verbliebene Pavillon der Wiener Weltausstellung von 1873. Das Areal, ursprünglich wilde Au, ist heute eine Art Künstlerinnenkolonie, eine Insel mitten im Stadtentwicklungsgebiet, der Gentrifizierung rundherum wie eine alte, sitzen gebliebene Wiener Dame beharrlich trotzend. Für Remote Together schlüpft Vanessa M. in die Rolle der Gastgeberin, der Pavillon wird zum Schloss und bildet gemeinsam mit dem halb verwilderten Garten den Hintergrund für ein dekadentes Stelldichein inklusive turbokapitakistisch-wilder Nahrungsbeschaffung für die hungrige Gästeschar und dramatischem Ende. Come and see and don’t be afraid of guns and deers!
Konzept: Thomas Hörl & Peter Kozek
Performance: Thomas Hörl, Peter Kozek, Alexander Martinz, Vanessa Mazanik, Daniel Mazanik, Florian Ronc
Treffpunkt Live Video-Walk:
Bildhauergebäude des Bundes
Meiereistraße 3
1020 Wien
Das Gebäude befindet sich direkt gegenüber dem Haupteingang des Fussballstadions. Da ist eine grosse grüne Tür mit der Aufschrift «Bildhauer …».
Treffpunkt Public Viewing:
Universität für Angewandte Kunst Wien
ZFF– Zentrum Fokus Forschung
Rustenschacher Allee 2-4
1020 Wien
Startzeit: 19:30 Uhr
Zürich
Cat People
Der Zürcher Beitrag Cat People geht von Hauskatzen aus, die in ihrer Doppelidentität als Stubentiger tagsüber zu Hause und Raubtier nachts im Dschungel in Personalunion das darstellen, was unsere Gesellschaft zunehmend arbeitsteilig lebt: Die einen sitzen als Couch Potatoes mit potenter Kreditkarte zu Hause und delegieren die Herausforderungen des Lebens in der Wildnis an Netflix, die Sklav*innen der Gig-Economy und anderen Irrsinn da draussen. Die Performance rüstet drei «Tiere» mit einem GPS Tracker aus und folgt ihnen gemeinsam mit der Biologin und Katzenexpertin Madeleine Geiger. Über die live generierten Bewegungsmuster, Heatmaps, Ortungskoordinaten nähert sich der Publikumsschwarm den Fragen nach menschlich-tierischem Beute- und Terrioritalverhalten, der fragilen Biodiversität und den Grenzen der (Selbst-)Domestikation.
Transit Productions (Barbara Weber, Dominic Huber, Florian Ronc, Yannik Böhmer, Kati Rickenbach)
Performance: Barbara Weber, Dominic Huber, N.N.
Treffpunkt:
Seilbahn Rigiblick (Talstation)
8006 Zürich
Startzeit: 19:30 Uhr
Konzept | Barbara Weber, Dominic Huber, Florian Ronc, Yannik Böhmer, Kati Rickenbach (Transit Productions) |
Performance | Thomas Hörl & Peter Kozek (Wien), Pankaj Tiwari (Amsterdam) Club Real (Berlin), Transit Productions (Zürich) und weiteren |
Video | Yannik Böhmer |
Dramaturgie | Florian Ronc |
Gefördert von: Stadt Zürich Kultur, Fachstelle Kultur Kanton Zürich, Pro Helvetia, Migros Kulturprozent, Elisabeth Weber Stiftung. Weitere Kooperationspartner: Kulturhaushelferei, Museum für Gestaltung, „Tools Festival“ Theater Rampe. |