Vor kurzem habe ich mich unter Zelten umgeschaut. Welche bieten für möglichst wenig Geld besonders viel Platz, welches sind die leichtesten, mit welchen lässt es sich besonders komfortabel herumziehen. Ich bin auf besonders einfach auf- und abbaubare Polyester-Zelte gestossen, die den Traum der Freiheit in der Natur versprechen. Ich habe luxuriöse Safarilodges entdeckt, die mehr Komfort bieten als meine eigene Wohnung. Ich habe Corona-Test-Zelte angetroffen und Zelte die Menschen auf der Flucht mehr Schlecht als Recht Schutz bieten.
Vor kurzem habe ich mich unter Zelten umgeschaut. Welche bieten für möglichst wenig Geld besonders viel Platz, welches sind die leichtesten, mit welchen lässt es sich besonders komfortabel herumziehen. Ich bin auf besonders einfach auf- und abbaubare Polyester-Zelte gestossen, die den Traum der Freiheit in der Natur versprechen. Ich habe luxuriöse Safarilodges entdeckt, die mehr Komfort bieten als meine eigene Wohnung. Ich habe Corona-Test-Zelte angetroffen und Zelte die Menschen auf der Flucht mehr Schlecht als Recht Schutz bieten.
Metaphorisch steht das Zelt aber nicht nur für eine Heimat, die sich dort finden lässt, wo einem die Latschen hintragen. Auch als Sonderform des Raumes stellt es seine Stangen in den Raum und spannt eine Membran zwischen Realität und Fiktion, zwischen Aussen und Innen. Es lässt einem eintreten ins Ich, wobei die Geräusche der Aussenwelt nie fern sind, einem ständig wachhalten, allenfalls einen tröstenden Effekt erzeugen, wenn sie als Tropfen aufprallen. Die Tänzerin Sarafina Beck erlebt die Welt häufig, als etwas - wie durch eine Zeltwand - von ihr Getrenntes. Diese Wahrnehmungsstörung auf Grund einer psychotischen Erkrankung macht sie im 10. Zyklus zum Thema ihrer Tanzperformance Tele(your)vision.
In der Gessnerallee stellen Künstler*innen im übertragenen Sinne regelmässig ihre Zelte auf. Sie sind während einer Zeit am Haus und ziehen dann weiter. Manche kommen wieder zurück, die meisten aber bleiben nur vorübergehend. Im 10. Zyklus schlägt Theatermacher und Kurator Pankaj Tiwari tatsächlich ein Zelt auf dem Judith Gessner-Platz auf und erweitert so die Bühnen der Gessnerallee. TENT: A School of Performative Practices ist eine temporäre mobile Einrichtung, in der drei Künstler*innen mit unterschiedlichem Hintergrund gemeinsam leben und arbeiten. TENT ist ein Raum der Verhandlung und eine Forderung nach Koexistenz. Es reflektiert die Stimmen von Aussenseiter*innen und untersucht die Reaktion der Macht auf sie.
Liebes Publikum, wir laden euch ein in die erweiterte Gessnerallee zu kommen. Gemeinschaft kann ebenso temporär sein wie ein Zuhause. Es braucht nicht immer eine Bühne zu sein, auf der neue Perspektiven vermittelt und Grenzen ausgelotet werden. Ein Zelt als Heimstätte für Kollektivität, Integration und Diversität genügt.
– Alexander Wilms