Gessnerallee
Zürich

Der Performance-Effekt

/ Eine Gesprächsreihe in Dialogen: Curating the theatre?

Dorothee Richter & Jochen Kiefer

Die aktuelle visuelle Kunst verwebt sich seit den 1990er Jahren immer enger mit den Genres von Choreographie und Theater. Von diesen Annäherungen zeugen Tanzchoreographien und Sprechperformances auf Biennalen, Tanzretrospektiven in Museen, Performancedokumentationen auf dem Kunstmarkt, Live-Art-Events und choreographierte Ausstellungen. Auf der anderen Seite verstehen sich Theaterhäuser immer öfter als wandelbare und disziplinoffene Plattformen für ein breites Feld von Aufführungsformaten, wie begehbaren Installationen, Ausstellungen, kuratierte Festivals bis hin zum Museums-Kurator, der als Theaterintendant eingeführt wird.
Bei allen diesen Grenzauflösungen und -überlagerungen fällt die relative Abwesenheit eines begleitenden Diskurses auf, der die jeweils eigenen Genre-Referenzen, -Begriffe und -Kritik in Beziehung zueinander setzt. Inszenierungsrahmen von «black box» und «white cube» sprechen eine Sprache, die die Produktion von Performances mitschreiben; aber wie werden sie thematisiert, hinterfragt oder dekonstruiert? Genrebildende Aspekte von Zeitlichkeit, Theatralität und Mimesis vermengen sich mit der Authentizität «des Künstlers» und der Autonomie des Publikums. Beschreibt das historische Selbstverständnis der visuellen Kunst noch ihr heutiges Verhältnis zu den Performing Arts? Was begründet die andere Lesbarkeit und Wahrnehmung von «Kunst» und «Theater? Und, scheint die explizite Arbeit mit dem Körper als Material repräsentativ prekär gegenüber dem Konzept von Theorie und Sprache?
In der Gesprächsreihe «Der Performanceeffekt» werden Akteur_innen aus den Feldern Kunst, Tanz, Theater und Performance eingeladen, um in Dialogen über spezifische Erfahrungen und Begehrlichkeiten von Produktion, Kontext, Rezeption, Repräsentation und Vermittlung zu sprechen.

CURATING THE THEATRE?

17. März, 19h

Im Dialog: Jochen Kiefer, Leiter Studienbereich Dramaturgie (BA) und Dozent für Dramaturgien des Gegenwartstheaters an der ZHdK (Zürich) & Dorothee Richter, Kuratorin, Filmemacherin, Leiterin des Post-Graduate Programme in Curating, ZHdK und Herausgeberin des webjournals on-curating.org (Zürich)
Moderation. Anke Hoffmann, Kuratorin für Vermittlung

Die kuratorische Rolle unterscheidet sich immer weniger von der der Künstler_innen, auch wenn sie zwischen Subjektivierung und Institutionalisierung verortet ist. Gleichsam verspricht sie konzeptionelle Autorschaft in zwanghaften Aufmerksamkeitsregimes. Aktuelle kuratorische Praktiken stellen sich immer wieder selbst in Frage: Der Kurator der diesjährigen Zürcher Manifesta10, Christian Jankowski ist selbst Künstler und - liess seine Berliner Einzelausstellung von der Schauspielerin Nina Hoss kuratieren. Die Ankündigung der Besetzung der Berliner Volksbühne mit dem Star-Kurator Chris Dercon wiederum entfachte einen „Kalten Kunstkrieg“ (Tobi Müller) um Deutungshoheiten und Fördertöpfe. Wie wirken die Grenzauflösungen der "kuratorischen Rolle" in der freien Szene, in Theaterhäusern und im Kunstfeld auf die Begehrlichkeiten der Akteur_innen? Ist Kuratieren der richtige Begriff für Performance und Theater? Welche Wechselwirkungen gibt es und von wo nach wo?

Biografien: 

Jochen Kiefer
Ist Leiter des Studienbereichs Dramaturgie (BA) an der Zürcher Hochschule der Künste, Dozent für Dramaturgien des Gegenwartstheaters, war u.a. Lehrbeauftragter für Theatertheorie und -praxis an der Universität Hildesheim, Programmdramaturg des Theaterhaus Lofft in Leipzig und Chefdramaturg an der Kulturinsel Halle/ Saale (Schauspielhaus neues theater & Puppentheater). Dort initiierte und konzipierte er auch das internationale Festival Stadt Deiner Liebe. Promotion 2005 mit der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Studie Die Puppe als Metapher den Schauspieler zu denken. Zur Ästhetik der theatralen Figur bei Craig, Meyerhold, Schlemmer und Roland Barthes (Alexander Verlag Berlin). Als Produktionsdramaturg von Allein das Meer nach Amos Oz wurde er 2006 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Gemeinsam mit Jos Houben (Paris) kuratierte und konzipierte er die Stadtverführungen für das Festival Theater der Welt 2008 in Halle/ Saale. Mit Studierenden erarbeitete er die künstlerische Koordination und Konzeption des Freilichtspektakels Bülach mit über 300 Beteiligten aus der Bürgerschaft. Studierende der Dramaturgie in Zürich gründeten darüber hinaus die Festivals Hilde an der Sihl und das Künstlerinnen- und Kuratoren- kollektiv friction, das die Nordbühne des Theaterhaus Gessnerallee bespielt.
 

Dorothee Richter
ist Kuratorin, Autorin und Filmemacherin. Sie war Mitarbeiterin der Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen und organisierte sie das Symposium Curating Degree Zero 1998 und wurde künstlerische Leiterin des Künstlerhauses Bremen, (dort kuratierte sie Projektreihen mit dem Schwerpunkten Urbanismus, Feminismus, Institutional Critique, High and Low Culture). Sie gründete 2003 zusammen mit Barnaby Drabble das Curating Degree Zero Archive das international tourte. Sie lehrt an der Züricher Hochschule der Künste, wo sie 2005 das Postgraduate Programme in Curating gründete. 2008 folgte das Webjournal OnCurating.org. Seitdem veranstaltete sie Symposien, u.a. Curating as Institutional Critique im Fridericianum in Kassel (mit Rein Wolfs), ein Fluxus Festival im Cabaret Voltaire Zürich (mit Adrian Notz). 2013 kuratierte sie das Symposium Who is afraid of the public? (ICA London) und veröffentlichte gemeinsam mit Ronald Kolb den Film: Flux Us Now! Fluxus explored with a camera, (Uraufführung Staatsgalerie Stuttgart). Dorothee Richter ist ausserdem Director of Research Platform for Curatorial and Cross-disciplinary Cultural Studies, Practice-Based Doctoral Programme an der University of Reading.
www.curating.org
www.on-curating.org
www.fluxusnow.net
 

 

März
17 Do Nordflügel
19.00