Verena von Horsten
Verena von Horstens zweites Album «Alien Angel Super Death» erfuhr riesige Resonanz - sowohl in der Presse wie auch bei Musikfans und KonzertgängerInnen. Wohl noch nie hat jemand aus der hiesigen Musikszene so schonungslos das eigene Leben, die individuelle Tragik und die damit verbundenen Abgründe festgehalten. Für die Künstlerin eine absolute Notwendigkeit: «Schweigen kann zum Tod führen», sagt sie im Gespräch mit der NZZ. «Dieses Schweigen will ich durchbrechen». Dies führt bei ihr weit über die Musik hinaus. So legte sie dem Album erklärende Worte in Briefform bei.
«Alien Angel Super Death» ist eine eindringliche musikalische Dokumentation der komplexen Prozesse, die Verena von Horsten in den Jahren, nachdem ihr Bruder Hakon an Suizid starb, durchlebte. Die zehn Kompositionen beginnen mit einer Reise in den Abgrund, kommen am Nullpunkt an und manövrieren dann wieder aufwärts, wo es Hoffnung gibt. Die Synth-Rock-Nummern und die in allen Facetten enorm präsente Stimme von Verena von Horsten fordern volle Aufmerksamkeit. Das Album ist musikalisch wie inhaltlich ein leidenschaftlicher Aufruf an die Gesellschaft, das Thema Suizid und die Gründe, die dazu führen können, nicht weiter zu tabuisieren. Dann erst gibt es Hoffnung auf Veränderung.
Die Songs sind Stationen auf dem Weg aus der Dunkelheit. Haltestellen der Verzweiflung – manchmal. Kraftorte – oft. Eindringliche Reden an eine Gesellschaft, die sich von seelisch Verwundeten abwendet – immer. Verena von Horstens Songs sind das Protokoll eines tiefen Falls. Und einer Auferstehung. Verenas Bruder starb 2012. Es war seine Entscheidung. Geblieben ist Verena. Seine Schwester. Die Künstlerin. Und in ihr all die Fragen. Wie viele Entscheidungen haben andere bereits gefällt, bis ein Mensch nur noch diese eine, letzte, hat? Die Entscheidung nicht hinzusehen, wenn jemand weint, wegzuhören, wenn jemand um Hilfe ruft, keine Fragen zu stellen, wenn jemand zuerst in sich selbst verschwindet – und dann aus der Welt.