Gessnerallee
Zürich

Der Performance-Effekt

/ Partizipation - Theatralität - Liveness

Sabine Gebhardt Fink & Tancredi Gusman

Im Dialog: Sabine Gebhardt Fink, Kunstwissenschaftlerin, Performancetheoretikerin, HSLU (Luzern) & Tancredi Gusman, Theaterwissenschaftler, Dramaturg (Milano/Zürich)

Partizipation - Theatralität - Liveness

Die aktuelle Performance-Kunst diffundiert in die unterschiedlichsten Felder künstlerischer Produktion: theatrale Inszenierungen, Kunst im öffentlichen Raum oder partizipative und kollaborative Aktionen. Allen eigen ist die Frage nach unmittelbarer Präsenz, dem Liveness-Aspekt. Die populäre Ausdifferenzierung des Performativen markiert ein Bedürfnis nach sozialen Ereignissen und Flexibilität. Wie können diese räumlichen, gestischen und kontextuell-künstlerischen Aneignungstaktiken und wie die Zusammenhänge mit der ökonomischen „Ereignis-Verwertung“ und dem Zwang zur Partizipation (Social Media, Customized Consuming) heute beschrieben werden?

Sabine Gebhardt Fink
ist Kunst- und Kulturwissenschaftlerin und Leiterin des Studiengangs Master of Arts in Fine Arts - Art in Public Spheres und Art Teaching an der Hochschule Luzern - Design & Kunst. Bis 2011 war sie Post-Doc und Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste und Dozentin für Gegenwartskunst an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2003 ist sie für die interdisziplinären Forschungsprojekte wie »Perform Space« und »The Situated Body« an der HGK Basel/ FHNW, anschliessend für die SNF-Projekte »Ausstellungs-Displays«, »Das Verhältnis der Künste« des ICS ZHdK und seit 2012 für "Camp#1-4.5" - gefördert von der Ernst Göhner-Stiftung - tätig. Sabine Gebhardt Fink ist Mitbegründerin des Performance Index, des Netzwerks Performance Chronik Basel und der Fachgesellschaft für Kunstpädagogik in der Schweiz. Sie kuratiert Ausstellungen, Symposien und ist Autorin im Bereich Gegenwartskunst. Ihre Forschungsfelder sind: The Situated Body, Perform Space, Intermedia Conditions (Concrete Poetry e.g.), Exhibition Displays. Zurzeit arbeitet sie als Herausgeberin zu Performance Chronicle Basel: Part 2. Ausgesuchte Publikationen: Process Embodiment Site, Vienna 2012; Postulat für eine beunruhigende Performance Lektüre, in: 10 Jahre Performancefestival der Schweizer Kunsthochschulen_ act-on-e-publikation 2013; Contribution to “Performing the Sentence: Research and Teaching in Performative Fine Arts” (C. Dertnig/ F. Thun-Hohenstein Eds.), Sternberg Press Berlin/Vienna 2014.

Tancredi Gusman
geb in Mailand, ist Post-Doc Forscher und Dramaturg für das europäische Programm SENSES: the sensory theatre. New transnational strategies for theatre audience building (Università degli Studi di Milano; Université d'Avignon et des Pays de Vaucluse; Universitatea Dunarea de jos din Galati). Er studierte Philosophie und Theaterwissenschaften in Pavia, Neapel und an der Freien Universität Berlin und erlangte im Jahr 2012 die Promotion in Theaterwissenschaften mit einer Dissertation über Theater und Kritik in Deutschland zwischen dem XIX. und XX. Jahrhundert. 2014 erschien seine italienische Übersetzung des Buches „Ästhetik des Performativen“ von Erika Fischer-Lichte (Estetica del performativo, Carocci, Roma 2014) und im 2015 sein Buch L’arpa e la fionda. Kerr, Ihering e la critica teatrale tedesca tra fine Ottocento e il Nazionalsocialismo (Die Harfe und die Schleuder. Kerr, Ihering und die deutsche Theaterkritik zwischen Jahrhundertwende und Nationalsozialismus). Zwischen 2013 und 2015 war er als Regieassistent am Theater Neumarkt tätig. Hier hat er zusammen mit Léonie Suess die Reihe für Nachwuchskünstler „Chor & Co“ kuratiert (2014) und Lady Shiva, eine Arbeit über die Zürcher Stadtikone Irene Staub, inszeniert. (2015).

Der Performance-Effekt
Die aktuelle visuelle Kunst verwebt sich seit den 1990er Jahren immer enger mit den Genres von Choreographie und Theater. Von diesen Annäherungen zeugen Tanzchoreographien und Sprechperformances auf Biennalen, Tanzretrospektiven in Museen, Performancedokumentationen auf dem Kunstmarkt, Live-Art-Events und choreographierte Ausstellungen. Auf der anderen Seite verstehen sich Theaterhäuser immer öfter als wandelbare und disziplinoffene Plattformen für ein breites Feld von Aufführungsformaten, wie begehbaren Installationen, Ausstellungen, kuratierte Festivals bis hin zum Museums-Kurator, der als Theaterintendant eingeführt wird. 
Bei allen diesen Grenzauflösungen und -überlagerungen fällt die relative Abwesenheit eines begleitenden Diskurses auf, der die jeweils eigenen Genre-Referenzen, -Begriffe und -Kritik in Beziehung zueinander setzt. Inszenierungsrahmen von «black box» und «white cube» sprechen eine Sprache, die die Produktion von Performances mitschreiben; aber wie werden sie thematisiert, hinterfragt oder dekonstruiert? Genrebildende Aspekte von Zeitlichkeit, Theatralität und Mimesis vermengen sich mit der Authentizität «des Künstlers» und der Autonomie des Publikums. Beschreibt das historische Selbstverständnis der visuellen Kunst noch ihr heutiges Verhältnis zu den Performing Arts? Was begründet die andere Lesbarkeit und Wahrnehmung von «Kunst» und «Theater? Und, scheint die explizite Arbeit mit dem Körper als Material repräsentativ prekär gegenüber dem Konzept von Theorie und Sprache? 
In der Gesprächsreihe «Der Performanceeffekt» werden Akteur_innen aus den Feldern Kunst, Tanz, Theater und Performance eingeladen, um in Dialogen über spezifische Erfahrungen und Begehrlichkeiten von Produktion, Kontext, Rezeption, Repräsentation und Vermittlung zu sprechen.

Mai
24 Di Südbühne
19.00